Provenienzforschung allgemein
Provenienzforschung
«Provenienzforschung wird als eine Auseinandersetzung mit den historischen Erwerbungskontexten von Artefakten und Sammlungen begriffen. Dazu zählen die Untersuchung der Schweizer Kulturpolitik, von Erwerbungen für private und öffentliche Sammlungen sowie von transnationalen Verflechtungen des Kulturgütertransfers, insbesondere in Unrechtskontexten von Kolonialherrschaft oder dem NS-Regime. Die Rolle der Schweiz als politisch neutraler Staat im internationalen Gefüge, die hohe Dichte an öffentlichen und privaten Sammlungen sowie der Spitzenplatz auf dem internationalen Kunstmarkt sind gewichtige Gründe, Forschungen in diesen Bereichen voranzutreiben.» Webseite Schweizerischer Arbeitskreis Provenienzforschung
Provenienzforschung im Museum II. Sammlungen aus kolonialen Kontexten Grundlagen und Einführung in die Praxis. 2022. Publikation des Verbands Schweizer Museen zum aktuellen Stand der Provenienzforschung in der Schweiz. Link
Auf der Webseite des Verbands Schweizer Museen wird festgehalten, dass sie die die Schaffung einer unabhängigen Kommission auf Bundesebene grundsätzliche begrüssten. Allerdings erachten sie es als problematisch, dass die Kommission zugleich für Fälle im Zusammenhang mit Objekten aus kolonialen Kontexten angerufen werden solle. Diese Fragestellungen erfordere eine andere Expertise als die Beurteilung von Fällen im Bereich von NS-Raubkunst. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Kommission erst in strittigen Fällen tätig werden solle. Es wäre unabdingbar, dass den Museen bereits vorher eine Anlaufstelle für unbürokratische Beratung angeboten würde. Ein solches niederschwelliges Angebot wäre eine wertvolle Hilfestellung und könnte im besten Fall sogar eine Eskalation bis zur Anrufung der unabhängigen Kommission verhindern. Link
Provenienzforschung und Restitutionsthematik im Schweizer Parlament
Aus einer Anfrage vom 5.5.2021: «In einem Schreiben vom 11. Februar 2021 an das BAK erklärten sich 24 Professor*innen, Museums- oder Sammlungsdirektor*innen, Kurator*innen und Spezialist*innen auf dem Gebiet der während der Kolonialzeit geraubten Kulturgüter aus der ganzen Schweiz bereit, an der Umsetzung der Motion mitzuwirken, die ihrer Meinung nach einem echten Bedürfnis entspricht.»
Überblick über Parlamentarische Vorstösse zum Thema NS-Raubkunst (auch kolonialer Kontext) ab 2010 Link
Provenienzforschung in Schweizer Museen
BERN
Bernisches Historisches Museum
Projekt: Spuren kolonialer Provenienz (2021-22) In diesem Projekt standen die ethnografischen Sammlungsprovenienzen am Bernischen Historischen Museum im Zentrum. (Archivbestandes Rudolf Zellers) Zellers systematischer Aufbau der ethnografischen Sammlungen am Bernischen Historischen Museum fiel in eine Hochphase kolonialer Expansion Europas (erste Hälfte 20. Jh.) und die Erforschung seines umfangreichen Archivbestandes suchte nach Hinweisen zu Provenienzen von Sammlungsobjekten, deren Besitzwechsel möglicherweise im Zusammenhang mit Unrechtskontexten geschah. Schlussbericht
Benininitiative. Das BHM ist eines der 8 Schweizer Museen, die sich an diesem Forschungsprojekt beteiligen.
ZÜRICH
Rietbergmuseum
2018/19: Ausstellung Die Frage der Provenienz: Einblicke in die Sammlungsgeschichte.
Diese Ausstellung war Teil der Sammlung, in dem sie sich auf 10 Gegenstände in der Dauerausstellung und dem Depot bezog. Das ausführliche Handout (46 S.) ist auf der Seite des Rietbergmuseums einsehbar.
2022/23: Wege der Kunst: Wie die Objekte ins Museum kommen.
«Im Fokus stehen somit die Provenienzen, also die Herkunftsgeschichten der Objekte, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf dem 19. und 20. Jahrhundert liegt. Eng mit den Objektbiografien verbunden sind die vielschichtigen Begegnungen und Beziehungen zwischen Menschen, Institutionen und Ländern, die im Rahmen der Ausstellung näher beleuchtet werden.» Link
Keynote von Sammy Baloji als Auftakt zur internationalen Konferenz «Reworking the Archives» 2023
«Sammy Baloji befasst sich seit der Ausstellung «Fiktion Kongo» mit dem vielfältigen Archiv von Hans Himmelheber. In seiner Keynote zur Eröffnung der dreitätigen internationalen Konferenz «Reworking the Archives. Hans Himmelheber and African Art/ists» gibt er einen Einblick in sein Kunstschaffen und seine Auseinandersetzung mit kolonialen Sammlungen und Archiven. Für seinen Zyklus Kasala liess sich Baloji von Himmelhebers Reise in die belgische Kolonie Kongo im Jahre 1938/39 inspirieren und stellte sich die Fragen: Was geschieht mit Objekten aus Afrika, die ihres kulturellen Kontextes beraubt in Museen des globalen Nordens gelandet sind? Wie können die Objekte ihre Stimme zurückerhalten? Welche alternativen Formen der Erinnerung gibt es?» Link
Völkerkundemuseum Zürich
Projekt: Werkstattreihe – 5 Fragen an die Sammlungen (2022-2024) «Woher kommen unsere Sammlungsbestände? Welche Geschichten haften ihnen an? Welche Könnerschaft steckt in den Objekten? Von welchen menschlichen Begegnungen sind sie Zeugnis? Und welche Bedeutungen haben die Sammlungen heute? Mit der Ausstellungsreihe «Fünf Fragen an die Sammlungen» denken wir aktuell das Museum als offene Werkstatt, als Raum, in dem Wissen gemeinsam erarbeitet und geteilt wird. Wir machen unsere Museumsarbeit sichtbar und laden dazu ein, die Sammlungen und Objekte aus immer neuen Perspektiven zu betrachten.»
Beispiel: 5 Fragen an Objekte aus China am Ende der Kaiserzeit. «Der Boxerkrieg in China endete 1901 mit mehr als 100’000 Toten, Unmengen an zerstörtem Kulturgut in Peking und geplünderten Objekten, die in Museen und Sammlungen der westlichen Welt gelangten. Eine neue Werkstatt-Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich nimmt mögliche Plünderware aus China in den Fokus. Wie soll damit umgegangen werden und was bedeuten die Objekte für heutige Chinesinnen und Chinesen?» Parallel dazu läuft ein Forschungsprojekt, das einen Überblick über Objekte aus dem Boxerkrieg, die sich in der Schweiz befinden, schaffen und überprüfen soll, warum und unter welchen Umständen sie in Schweizer Museen gelangt sind. Die gewonnenen Erkenntnisse werden fortlaufend in die Ausstellung einfliessen.
Völkerkundemuseum Zürich
Projekt: Werkstattreihe – 5 Fragen an die Sammlungen (2022-2024) «Woher kommen unsere Sammlungsbestände? Welche Geschichten haften ihnen an? Welche Könnerschaft steckt in den Objekten? Von welchen menschlichen Begegnungen sind sie Zeugnis? Und welche Bedeutungen haben die Sammlungen heute? Mit der Ausstellungsreihe «Fünf Fragen an die Sammlungen» denken wir aktuell das Museum als offene Werkstatt, als Raum, in dem Wissen gemeinsam erarbeitet und geteilt wird. Wir machen unsere Museumsarbeit sichtbar und laden dazu ein, die Sammlungen und Objekte aus immer neuen Perspektiven zu betrachten.»
Beispiel: 5 Fragen an Objekte aus China am Ende der Kaiserzeit. «Der Boxerkrieg in China endete 1901 mit mehr als 100’000 Toten, Unmengen an zerstörtem Kulturgut in Peking und geplünderten Objekten, die in Museen und Sammlungen der westlichen Welt gelangten. Eine neue Werkstatt-Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich nimmt mögliche Plünderware aus China in den Fokus. Wie soll damit umgegangen werden und was bedeuten die Objekte für heutige Chinesinnen und Chinesen?» Parallel dazu läuft ein Forschungsprojekt, das einen Überblick über Objekte aus dem Boxerkrieg, die sich in der Schweiz befinden, schaffen und überprüfen soll, warum und unter welchen Umständen sie in Schweizer Museen gelangt sind. Die gewonnenen Erkenntnisse werden fortlaufend in die Ausstellung einfliessen.