Professorin Kavita Singhs These
Professorin Kavita Singhs These
Was in den ethnologischen Museen begann, betrifft heute alle Museen, so die These der Professorin für Kunstgeschichte an der Jawaharlal Nehru University in New Delhi, Kavita Singh. Gesine Krüger weist in ihrem Artikel «Wem gehört Afrikas Kulturerbe» auf die wichtigsten Punkte hin:
«Selbst wenn das Museum, verstanden als Kunst- oder Nationalmuseum, westlichen Ursprungs ist, so ist es inzwischen als Institution globalisiert und damit geht eine Veränderung einher. Die spezifische Herausforderung ethnologischer Museen, den Kontext der fremden Dinge zu erklären, betrifft heute jedes Museum weltweit, denn Europa, so Singh, ist längst durch Mobilität und Migration, durch den Aufstieg neuer Ökonomien und aufgrund einer Neuordnung der Welt nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes dezentriert worden. So wird das Museum „zum Schauplatz radikaler Begegnungen, die durch radikale Verschiebungen hervorgerufen werden – unsere eigenen ebenso wie die der Objekte, die wir betrachten“
Singh geht in ihrem Vortrag mit dem programmatischen Titel „The Future of the Museum is Ethnographic“, davon aus, dass wir uns in einer zunehmend globalisierten Welt alle gegenseitig erklären müssen, dass jedes Museum, also auch das europäische Kunstmuseum (und seine Ableger in aller Welt) zum „ethnographischen“ Museum wird, das dem globalen Publikum Objekte nicht nur zeigen kann, sondern durch Übersetzung zugänglich machen muss.
Singh zeigt damit etwas Wichtiges. Nicht der Universalismus wird herausgefordert, sondern eine westliche Position, die sich selbst als universalistisch versteht und den Rest der Welt als partikular. Es ist keineswegs kulturrelativistisch, davon auszugehen und zu verstehen, dass andere Regionen der Welt eine andere Geschichte und andere Vorstellungen etwa von Kunst, Besitz, Ästhetik, Objekten, Individualität etc. haben. Im Gegenteil, und das ist ja im Grunde auch ein Anliegen von Brigitta Hauser-Schäublin, wären die Restitutionsdebatten eine Gelegenheit, sich mit der Geschichte und Gegenwart anderer Weltregionen oder „Kulturen“ zu befassen und etwas zu lernen. Allerdings gerät Afrika fast ausschließlich in den Blick, wenn es Anlass zur Skandalisierung gibt oder diese herbeigeschrieben wird.»