Überseeterritorien Frankreichs

Überseeterritorien Frankreich, Wikimedia commons
Frankreich in Übersee: Eine komplexe Präsenz | Mit offenen Karten, 5.4.2025
«Ob La Réunion, Französisch-Guayana, Mayotte oder die Antillen – die französischen Überseegebiete stehen vor zahlreichen Herausforderungen, darunter hohe Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Abhängigkeit vom französischen Mutterland und Inflation.» Link
Französische Überseegebiete: Was steckt hinter der Wut? Feb. 25
«Die Krisen folgen einander in den Überseegebieten. Zyklon und Verzweiflung in Mayotte. Aufstände gegen die hohen Lebenshaltungskosten in Martinique. Gewalt im Kontext von Unabhängigkeitsforderungen in Neukaledonien. Entschlüsselung einer komplizierten und stürmischen Beziehung zum Hexagon, das seine maritime Macht aus seinen Überseegebieten zieht.» Link
Themen in den zwei Videos:
- Geostrategische Bedeutung und globale Präsenz: Frankreichs Überseegebiete verleihen ihm eine einzigartige globale Präsenz und erhebliche strategische Vorteile. Frankreit ist dadurch auf allen Ozeanen präsent. Insbesondere in der indopazifischen Region, wo «Neukaledonien und auch Französisch Polynesien von geopolitischem und geostrategischem Interesse» sind. Dies ermöglicht Frankreich, «auf direktem Weg mit Australien, Neuseeland und den Vereinigten Staaten» zu diskutieren und die «chinesische Vormachtstellung und ihre Ausbreitung im Südpazifik zu blockieren».
- Kolonialzeitlichen Wirtschaftsstrukturen: Die Wirtschaft leidet unter mangelnder Diversifizierung und Abhängigkeit von Importen aus dem Mutterland, ein Erbe des «kolonialen Prinzips des Exklusiv», bei dem die Kolonien Rohstoffe lieferten und als Absatzmärkte dienten. Dies führt zu «fehlender Konkurrenz», die die Preise in die Höhe treibt
- Sozioökonomische Herausforderungen und Ungleichheiten
- Kriminalität und Schattenwirtschaft
- Politische Spannungen, Proteste und Unabhängigkeitsbestrebungen
Neukaledonien
Politische Situation in Neukaledonien
Mai 2024: Ausnahmezustand in Neukaledonien
Im Mai 2024 kommt es auf Neukaledonien im Zusammenhang mit einer geplanten Wahlrechtsreform zu einer Gewaltwelle. Die Inselgruppe liegt etwa 1.500 Kilometer von Australien entfernt und gehört politisch und administrativ bis heute zu Frankreich.
Das Gebiet von Neukaledonien wurde vor über 2000 Jahren besiedelt. Der Name Neukaledonien ist auf das Eintreffen von James Cook zurückzuführen, der sich am Rande der Tropen an das kühle Schottland erinnert fühlte und daher das lateinische Caledonia verwendete. Ab 1853 wurde Neukaledonien zur französischen Kolonie ausgerufen. Ab 1887 wurde ein Gesetz eingeführt, das die indigene Bevölkerung strengeren Sonderregeln unterstellte und sie von einem Teil der französischen Bürgerrechten ausschloss.
Während der Kolonialzeit gab es mehrere Versuche der indigenen Bevölkerung die französischen Fremdherrscher abzuschütteln. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Neukaledonien zum französischen Überseegebeit und die indigene Bevölkerung zu französischen Staatsbürger. Es gibt eine Unabhängigkeitsbewegung auf den Inseln, bis anhin scheiterten aber verschiedene Referenden, u.a. weil Frankreich Subventionen zahlt. Sein Interesse an der Inselgruppe liegt einerseits im Nickelabbau und andererseits im aussenpolitischen und militärischen Bereich in der Lage im Pazifik.
Inzwischen stellt die einheimische Bevölkerung nicht mehr die Mehrheit. Und das umstrittene im März verabschiedete Gesetz öffnet die Wählerverzeichnisse für künftige Unabhängigkeitsreferenden auch für französische Staatsangehörige, die sich in jüngerer Zeit auf der Inselgruppe niedergelassen haben. Daher könnte dieses Gesetz die Bestrebungen zur Unabhängigkeit blockieren und hat zu den aktuellen Unruhen geführt.
Juli 2025: Abkommen: Status eines eigenständigen Staates.
Die ehemaligen Kolonie im Südpazifik soll den Status eines eigenständigen, aber mit Frankreich eng liierten Staates erhalten. Dazu ist eine Verfassungsänderung nötig. Die entsprechenden Volksabstimmungen sollen 2026 stattfinden. Dass diese Abstimmungen Erfolg haben werden, wird angezweifelt. Kritisiert wird, dass das neue Statut am ehesten den nach dem Ersten Weltkrieg geschaffenen Protektoraten (zum Beispiel Tunesien und Marokko) gleiche. Diese änderten in Wirklichkeit an der Vorherrschaft der Kolonialmacht wenig.
Indigene Bevölkerung der Kanaken
«In Neukaledonien heißt die indigene Bevölkerung Kanaken. Im Deutschen hat das Wort einen politisch unkorrekten Unterton, weil manche es als abschätziges und verallgemeinerndes Schimpfwort für außereuropäisch gelesene Personen verwendeten – inzwischen nutzen migrantische Jugendliche in Deutschland es allerdings auch als Selbstbezeichnung.» DW Anhänger der Unabhängigkeit Neukaledoniens nennen die Inselgruppe auch “Kanaky”
Restitution
Atai gilt als grosser Anführer der Kanaken. Er führte 1878 einen Aufstand gegen die Franzosen an. Diese hatten die Kanaken enteignet und in Reservate verdrängt. Dort wurde ihre Ernte vom Vieh der Kolonisten zerstört. Ataï soll dem französischen Gouverneur Léopold de Pritzbuer mit den Worten «Das hatten wir» einen Sack Erde vor die Füße geleert haben, danach einen Sack mit Steinen: «Das hast du uns gelassen.» Der Gouverneur riet zur Errichtung von Zäunen, um die Ernte zu schützen, worauf Ataï erwidert haben soll, er werde Zäune bauen, wenn seine Taro-Knollen beginnen würden, das Vieh zu fressen. In den Kämpfen wurde Atai getötet. Ein Marinearzt kaufte die Köpfe Ataïs und Andjas (Sohn von Atai) für 200 Francs. In Formalin eingelegt, wurden sie in Nouméa ausgestellt und bald darauf der anthropologischen Gesellschaft in Paris übergeben. Lange galten sie als verschollen. 2014 gab die französische Ministerin für die Überseegebiete die Köpfe zurück. 2021 konnte die Köpfe nach 143 Jahren endlich beerdingt werden.
Material für den Unterricht
Welche Aspekte lassen sich anhand dieses Beispiels besprechen:
- Das postkoloniale Frankreich hat Überseeterritorien – Folgen des Kolonialismus
- Bürgerrechte
- Eigen- und Fremdbezeichnungen
- ökonomische, aussenpolitische, militärische Interessen Frankreichs
Warum in Neukaledonien die Gewalt derzeit eskaliert. David Ehl, DW
Neukaledonien: Proteste der Separatisten. Fokus von Mit offenen Karten, 15.5.24 Link
Versklavte Menschen in Frankreich
Versklavte Menschen im Paris des 18. Jahrhunderts
Vor 1848 war die schwarze Bevölkerung in Frankreich theoretisch frei. Doch zwischen rassistischen Gesetzen, Ausschlüssen und Diskriminierung blieb die Gleichheit eine Illusion. Dementsprechend lebten auch versklavte Menschen in Frankreich.
«9. August 1777. Ein königliches Edikt, das in den Straßen von Paris unbemerkt bleibt, markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Schwarzen in Frankreich. Der Rat des Königs verbietet die Einreise von Schwarzen, «Mulatten» und anderen People of Color, die frei oder versklavt sind, nach Frankreich. Das Gesetz versteckt sich nicht hinter Euphemismen: Es ist eine rassistische Maßnahme. Es erwähnt nicht den rechtlichen Status, sondern stellt auf die Hautfarbe ab. Die Pigmentierung wird zu einem Ausschlusskriterium. Hinter dieser administrativen Geste verbirgt sich eine Verschiebung der Konfiguration des öffentlichen Raums hin zu einer rassistischen Logik. Den Behörden ging es weniger darum, die Sklaverei zu verbieten – die in Frankreich bereits rechtlich instabil war – als vielmehr darum, die Sichtbarkeit der Schwarzen in den Städten einzuschränken.» Link
In Paris lebten vor der Revolution zwischen 3500 – 4300 Schwarze Menschen.
Slave Hunts as “Normal Policing”, Artikel
The french history podcast: Slaves in Paris with Dr. Miranda Spieler. Dr. Miranda Spieler bespricht die Bedingungen unter denen sechs versklavte Menschen in Paris lebten. War Frankreich das Land der Freien. Welche Unterschiede gab es zu den Kolonien. Sie hinterfragt die langjährige Annahme, dass Frankreich «freier Boden» war, auf dem jede Person, die seinen Boden betrat, automatisch die Freiheit erlangte.15.6.25 Link
Spieler, Miranda. Slaves in Paris. Hidden Lives and Fugitive Histories. 2025
Hidden in Plain Sight: Exposing the ‘Underbelly’ of Slavery in French Art, James Devitt, 2022
New scholarship by NYU art historian Meredith Martin shows how works from the time of Louis XIV immortalize both the enslavers and the enslaved. Link
